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Grundsatzposition

 

Die Wissenschaftlich- Medizinische Allianz für Rehabilitation vertritt die folgenden Grundsatzpositionen:

 

  1. Die Rehabilitation ist eine wichtige Gesundheitsstrategie und muss in allen Phasen und Versorgungsformen verankert werden. Rehabilitationsmaßnahmen leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass Menschen mit Gesundheitsstörungen und Funktionseinschränkungen vollumfänglich am sozialen Leben teilhaben können und eine gute Lebensqualität erreichen. Konsequenterweise besteht in Deutschland diesbezüglich eine gesetzliche Verankerung im SGB IX.

  2. Rehabilitation ist immer auf das Individuum ausgerichtet, weshalb Rehabilitationsziele und Rehabilitationsmaßnahmen stets an den Bedürfnissen der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden und ihrem sozialen Umfeld (Kontextfaktoren) orientiert sind. Gleichzeitig aber müssen sich Rehabilitationsmaßnahmen an dem sozialrechtlichen Auftrag ausrichten. Durch diese Dualität zwischen individueller Zielstellung und allgemeiner gesetzlicher Vorgaben dürfen sich keine Nachteile einseitig zu Lasten der Rehabilitand*innen ergeben.

  3. Indirekte Krankheitskosten, welche zu einem großen Teil auf eine Einschränkung der beruflichen Teilhabe beruhen, sind ein wesentlicher gesundheitsökonomischer Faktor bei vielen Erkrankungen und sind ein wesentlicher Fokus der rehabilitationsmedizinischen Intervention. Deshalb ist für die Reduktion der Gesundheitskosten für die Gesellschaft eine effektive Rehabilitationsmedizin äußerst relevant.

  4. Die gesundheitsbezogene Rehabilitation ("health-related rehabilitation") muss in das Gesundheitssystem integriert werden, um Brüche in der Versorgung an den Schnittstellen zu vermeiden. Auf Regierungsebene bedeutet dies, dass im Gesundheitsministerium eine Abteilung für gesundheitsbezogene Rehabilitation erforderlich ist. Darüber hinaus ist eine regelmäßige Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales und weiteren, mit Rehabilitationsfragen befassten Ministerien unabdingbar. Auch sind die Schnittstellenprobleme in der individuellen Versorgung zwischen den Leistungsträgern abzubauen.

  5. Medizinische und soziale Kriterien müssen für Beginn und Ende von Rehabilitationsmaßnahmen erarbeitet und in die Routine implementiert werden. Vor dem Hintergrund der am Individuum ausgerichteten Rehabilitationsziele ist eine Pauschalisierung von Dauer und Umfang der Rehabilitation nicht adäquat. Die Finanzierung von Rehabilitationsmaßnahmen muss so gestaltet werden, dass alle rehabilitationsmedizinisch notwendigen, evidenzbasierte Therapien durchgeführt werden können.

  6. Die Qualitätsanforderungen an die Rehabilitation müssen auf wissenschaftlichen Studien und wissenschaftlicher Expertise basieren. Die Anwendung von primär an Strukturqualität ausgerichteten Leitlinien erfüllt diese Forderung nicht.

  7. Bei Patient*innen mit chronischen und chronifizierten Erkrankungen kann sich die Rehabilitation grundsätzlich nicht auf zeitlich begrenzte Maßnahmen beschränken, vielmehr müssen auch in der ambulanten Versorgung Strukturen für eine fachlich qualifizierte Langzeitrehabilitation geschaffen werden, wobei alle Leistungsträger des Gesundheitswesens einzubinden sind.

  8. Die gesetzlich verankerte Frührehabilitation im Krankenhaus muss flächendeckend eingeführt und in das Gesamtkonzept der Rehabilitation integriert werden. Hierzu bedarf es entsprechender Abteilungen, die in multiprofessionellen Teams nach definierten, evidenzbasierten Qualitätskriterien arbeiten und angemessen finanziert sind.

  9. Die Rehabilitation muss fest im Medizinstudium verankert sein und von in der Rehabilitation qualifizierten Dozent*innen gelehrt werden. Hierzu ist es notwendig, dass an allen medizinischen Fakultäten entsprechende Lehrstühle oder Professuren eingerichtet werden. Die Integration von rehabilitationswissenschaftlicher Forschung und klinischer Tätigkeit ist dabei unabdingbar.

  10. Forschung ist von entscheidender Bedeutung für die Weiterentwicklung der Medizin. Daher müssen für eine rehabilitationsmedizinische Forschung notwendige finanzielle, infrastrukturelle und personelle Ressourcen sichergestellt werden. Die Schaffung eigener fachspezifischer Strukturen in den Trägern der Forschungsförderung (z.B. Deutschen Forschungsgemeinschaft) ist notwendig.

  11. Die Rehabilitation muss in allen klinischen Leitlinien zu Erkrankungen, für die die Rehabilitation relevant ist, fachgerecht abgebildet werden. Dies gilt für fast alle chronischen Erkrankungen, aber auch für viele akute Krankheitsbilder und operative Eingriffe. Wegen der hohen Zahl solcher Leitlinien muss die Arbeitsteilung innerhalb der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften eng koordiniert erfolgen.

  12. Rehabilitation muss für alle Menschen mit entsprechenden Bedarfen verfügbar sein. Zur rehabilitativen Versorgung braucht es sowohl einer niederschwelligen wohnortnahen Rehabilitation als auch hochspezialisierte Rehabilitationsangebote für Menschen mit komplexen Funktionsstörungen und seltenen Erkrankungen. Vermehrte Anstrengungen müssen unternommen werden, auch bildungsfernen Gesellschaftsgruppen und Menschen mit Sprachbarrieren einen gleichberechtigten Zugang zur Rehabilitation zu ermöglichen.